Buhtz: "Der Jürgen war ein Verrückter"

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micha h.
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Buhtz: "Der Jürgen war ein Verrückter"

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Buhtz: "Der Jürgen war ein Verrückter"


Wuppertal. Zu seinem 80. Geburtstag im September 2003 hätte sich Horst Buhtz ganz besonders über die Glückwünsche von Jürgen Klinsmann (40) gefreut. Doch der blonde Sunnyboy aus dem fernen Kalifornien ließ nichts von sich hören. Das nahm ihm sein ehemaliger Trainer bei den Stuttgarter Kickers (von 1983 bis 1984) beim gestrigen Treffen im Düsseldorfer Renaissance-Hotel aber keineswegs übel. Dort residiert die deutsche Fußball-Nationalmannschaft anlässlich des morgen in der Düsseldorfer LTU-Arena stattfindenden Länderspiels gegen Argentinien.

"Mensch, gut siehst du aus", machte Bundestrainer Klinsmann dem erfolgreichsten WSV-Trainer (von 1968 bis 1974) nach einer innigen Umarmung ein Kompliment. Zuletzt hatten sich beide 1999 gesehen, als Klinsmann im Stuttgarter Daimler-Stadion sein Abschiedsspiel gab. "Dich jetzt hier wieder zu sehen, ist wirklich eine schöne Überraschung für mich", sagte Klinsmann und plauderte mit seinem Ex-Trainer über eine halbe Stunde lang in der Hotel-Bar.

Klinsmann hatte als 18-Jähriger eine halbe Saison bei den Stuttgarter Kickers in der 2. Liga Süd unter Trainer Jürgen Sundermann gespielt. Den löste Buhtz im Januar 1983 ab. "Jürgen war ein Verrückter", erzählt Buhtz. "Er war ständig darauf bedacht, sich zu verbessern. Der hat sogar in den Ferien extra Sprinttraining gemacht." Zustimmendes Nicken bei Klinsmann.

"Ich bin 11,7 über 100 Meter gelaufen und wollte auf 11,0 kommen. Das habe ich geschafft. Ich konnte mich selbst kaum bremsen", sagt "Klinsi" und setzt ein breites schwäbisches Grinsen auf.

Einmal in Plauderlaune, erzählt der Weltund Europameister (108 Länderspiele, 47 Tore) und Stürmerstar (unter anderem Inter Mailand, Tottenham Hotspurs und Bayern München), dass er aufgrund seiner läuferischen Stärken zuerst im defensiven Mittelfeld spielte. "Ich war ursprünglich eine Nummer sechs und sollte den gegnerischen Spielmacher ablaufen."

Doch schon bald setzte sich der Instinkt des Torjägers ("Den habe ich von meinem Vater, der Turner und Radsportler war") durch. "Der Jürgen war einer, der aus fünf hundertprozentigen Chancen manchmal kein Tor machte und dann aus dem Nichts heraus spektakuläre Treffer erzielte", erzählt Buhtz. Eine Anekdote ist ihm besonders präsent: Als er die Kickers frisch übernommen hatte, überließ er seinem Co.-Trainer die Aufstellung für das nächste Spiel ohne Klinsmann.

"Plötzlich klopfte es an der Tür. Da stand Jürgen und wollte wissen, warum er nicht zur ersten Elf gehörte. Ich habe ihm das erklärt und später fing er an zu weinen. Von da an habe ich mich seiner besonders angenommen", sagt Buhtz.

"Er war eine Leitfigur für mich und hat mir immer Ratschläge gegeben", spricht Klinsmann voller Hochachtung von seinem zweiten Profi-Trainer und kann sich noch gut an das Training erinnern. "Wir haben damals auf Asche trainiert und Horst hat immer mitgemacht."

Buhtz hat den Werdegang einer seiner erfolgreichsten Spieler immer verfolgt. "Jürgen ist sehr wissbegierig", sagt er über den polyglotten Schwaben (englisch, französisch, italienisch). Neben familiären Verhältnissen, gemeinsamen Bekannten ist natürlich auch die Nationalmannschaft ein Thema.

Einig sind sich beide, dass mit Argentinien morgen eine der stärksten Mannschaften der Welt auf Deutschland trifft. Beide werden sich davon im Stadion überzeugen können. Klinsmann an der Linie, Buhtz auf der Tribüne.

08.02.05
Von Thomas Besche
Wuppertaler SV

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