Bundesliga erst am Sonntag im TV? Das kann nicht sein!

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Überlinger

Bundesliga erst am Sonntag im TV? Das kann nicht sein!

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Die Nationalelf, die Personalie Berti Vogts, das Pokalfinale. Dr. Theo Zwanziger, Geschäftsführender DFB-Präsident, nimmt Stellung. Und auch zum bereits laufenden Poker um die TV-Rechte bezieht er Position. Und setzt sich vehement dafür ein, die Bundesligaspiele weiterhin sehr zeitnah zu zeigen.


kicker: 300 000 Euro WM-Titelprämie für jeden Nationalspieler. Hat Sie, den früheren DFB-Schatzmeister, der Sparsinn verlassen?

Dr. Theo Zwanziger: Ich stehe voll zu dieser Prämie. Wir müssen die Dinge leistungsorientiert angehen. Wir wollen sieben Spiele bei dieser WM machen und auch das letzte Spiel gewinnen. Das ist unsere Philosophie, die uns Jürgen Klinsmann auch gewaltig eingeimpft hat. Für mich ist wichtig: Die Mannschaft bekommt den ersten Euro erst, wenn sie im Viertelfinale steht, also zuvor vier Spiele absolviert hat. Das hat es früher nicht gegeben. Dazu hat sich die Gesamtfinanzierung dieser WM gegenüber den früheren Rahmenbedingungen, die von der FIFA gesetzt werden, deutlich verbessert. Wenn sie den WM-Titel schaffen, sollen die Spieler auf beachtliche Weise beteiligt werden. Einfach deshalb, weil dieser Titel für uns mit Blick auf die Folgejahre eine unglaublich wichtige Bedeutung hat. Und zwar für alle Bereiche des Fußballs. Wenn wir als Weltmeister dieses Turnier beenden, haben wir gleich wieder eine völlig neue Versorgung.

kicker: Was würde ein frühes Ausscheiden bei der WM bedeuten?

Zwanziger: Das kann im Sport immer passieren. Im Gegensatz zu rein wirtschaftlichen Bereichen lässt sich die Ertragsfähigkeit von Investitionen im Sport schwer einschätzen. Das Risiko, für die WM alle Investitionen einzugehen, sind wir unseren Fans schuldig. Denn nur wenn du in das Turnier mit einer konkurrenzfähigen Mannschaft gehst, hast du die Chance, etwas zu erreichen. Wenn es wider Erwarten nicht geschieht, wird die Welt trotzdem weitergehen.

kicker: Erstmals wird in diesem Jahr das DFB-Pokalfinale am 28. Mai in Berlin um 20.45 Uhr angepfiffen. Die Kids werden, wie schon in der Champions League, nun auch vom DFB ausgeschlossen.

Zwanziger: Das Pokalfinale ist Samstag. Die Kids sind heute nicht mehr ganz so früh im Bett, wenn sie am Sonntag ausschlafen können. Ich sehe die Sache problematischer bei Länderspielen, die mitten in der Woche stattfinden. Ich hatte bei den Gesprächen mit der ARD ein anderes Argument. Als Fußballfan will man nach dem Pokalfinale lange feiern, und am nächsten Tag werden die Sieger auf dem Rathausplatz ihrer Stadt im Beisein von Tausenden Fans geehrt. Die eigentliche Problematik des späten Anstoßes betrifft also die verkürzte Zeit zum Feiern.

kicker: Alles eine Frage des Geldes.

Zwanziger: Weniger, der Vertrag ist ja langfristig abgeschlossen. Es ist das Drängen der Sender, günstigste Einschaltqouten zu erreichen und ihr normales Sendeschema nicht zu verlassen. Die Einwirkung der Medien auf das Fußballgeschehen ist nicht immer das, was man sich wünscht. Aber es ist das, was zum wirtschaftlichen Erfolg beiträgt und was wir daraus gemeinnützig machen können. Es sind immer Abwägungen, denen sie sich bis zu einem gewissen Maße öffnen. Der erste Sündenfall ist doch gemacht. Das Länderspiel an einem normalen Wochentag zu dieser Zeit sehe ich als schwieriger an.

kicker: Die Liga pokert schon um einen neuen Fernsehvertrag ab 2006, fordert mehr Geld. Premiere will das für mehr Exklusivität auch zahlen. Werden die Bundesligaspiele auch in Zukunft noch zeitnah, wie im Grundlagenvertrag festgeschrieben, zu sehen sein oder erst am späten Abend?

Zwanziger: Die Fans haben doch durch ihr Abstimmungsverhalten klargemacht, wann sie die Sportschau sehen wollen. Da kann ich nur sagen: Alle, die Verantwortung tragen, sollten das klug bedenken.

kicker: Greift der DFB ein, wenn als zeitnah künftig die Berichterstattung im Free-TV am Sonntagmorgen definiert würde?

Zwanziger: Das kann doch gar nicht sein. Über diese Sendeleiste gegen 20 Uhr, die damals schon erfolglos praktiziert worden ist, werden wir überhaupt nicht hinausgehen. Wir haben auch damals reagiert, als SAT.1 später mit der Bundesligasendung begann.

kicker: Den Termin haben doch die Fans über ihre Proteste gekippt.

Zwanziger: Ja, aber das haben wir doch akzeptiert.

kicker: Es kann also nicht passieren, dass die Spiele im Free-TV erst ab 23 Uhr ausgestrahlt werden.

Zwanziger: 23 Uhr als zeitnah zu definieren, halte ich für ausgeschlossen. Dann müsste der Grundlagenvertrag geändert werden. Ich möchte darauf hinweisen, dass dieser Vertrag bis zum 30. 6. 2009 abgeschlossen worden ist - erst im vergangenen Jahr erneuert. Ich gehe davon aus, dass man einen solchen Vertrag in dem Wissen abschließt, was man tut, und dass man sich dann auch vertragstreu verhält.

kicker: Vergangenen Mittwoch machte Jürgen Klinsmann gegenüber der Doppelspitze mit Gerhard Mayer-Vorfelder und Ihnen Druck, weil beim DFB einiges in den alten Trott zurückfalle.

Zwanziger: Jürgen Klinsmann hat keinen Druck gemacht. Er hat sehr viele Dankesworte gefunden für die Länderspielplanung, die Verabschiedung des neuen Rahmenterminkalenders bis hin zu den Veränderungen hier im DFB-Haus, zuletzt in der Abteilung Kommunikation. Die Einstellung von Uli Voigt in dieser Abteilung ist anerkannt. Damit sind die klassischen Umfeldmaßnahmen der Nationalmannschaft abgeschlossen. Jetzt geht es im Grunde genommen um eine Optimierung des Leistungsangebotes, ich denke an Events mit der Nationalmannschaft. Das sind kleine Dinge, die haben auch keinen Personalbezug. Da werden wir alles tun, um die sportliche Leitung zu unterstützen in ihrem Bestreben, alles für den Erfolg zu tun.

kicker: Wurde nicht angesprochen, dass zum Beispiel bei kleinen Anschaffungen der formale Weg zu mühsam ist?

Zwanziger: Das ist thematisiert worden. Dieser Weg ist in der Tat, wie es in einem Verband nun mal ist, ein wenig zeitintensiv.

kicker: Bekommt Bierhoff als Team-Manager einen eigenen Etat?

Zwanziger: Richtig. Das ist das Ziel. Das muss mit dem Schatzmeister erarbeitet werden. Es ist der erklärte Wille, dass man die Wünsche, die für eine Optimierung der Arbeit mit der Mannschaft noch offen sind, erfüllen wird. Das ist eine Addition von kleineren Sachen, bei denen man nicht in jedem Fall vorstellig werden will. Dem stehen Gerhard Mayer-Vorfelder und ich völlig aufgeschlossen gegenüber. Das wird definiert, einmal beschlossen, dann ist die Sache erledigt und vom Tisch.

kicker: Und dann soll noch ein PR-Manager für die WM kommen?

Zwanziger: Wenn das im Rahmen des Budgets möglich ist, dann sollen sie es machen. Es ist natürlich möglich, in diesem Rahmen jemanden zum Beispiel mit einem Projektvertrag zu engagieren.

kicker: Da muss das Budget ordentlich ausgestattet sein.

Zwanziger: Das weiß ich nicht. Wir haben eine Grundsatzentscheidung zur Erleichterung der wechselseitigen Aufgaben getroffen. Der Schatzmeister war nicht dabei. Dafür waren auch die Vorschläge nicht so griffig, dass ich das mit einer Zahl verbinden könnte. Das ist in einem solchen sportpolitischen Gespräch auch nicht nötig. Wir haben die Weichen zu stellen dafür, wie wir Reibungsverluste vermeiden können. Das muss uns eine WM im eigenen Lande wert sein. Wir haben einen neuen Manager, das muss man auch sehen. Früher hatten wir beim DFB einen Direktor für die Nationalmannschaft, da war das Budget direkt dort. Das werden wir umgruppieren, dann werden wir alle zufrieden sein.

kicker: Der DFB stellt niemanden mehr ein?

Zwanziger: Es wird in der hauptamtlichen Verwaltung keine Veränderungen mehr geben. Da ist unser Budget erschöpft.

kicker: Zur Personalie Berti Vogts.

Zwanziger: Das ist die zweite Schiene. Meine bisherigen Ausführungen waren auf den Zeitpunkt 2006 bezogen. Die Zeit danach ist eine andere, da ist eine Gesamtkonzeption erforderlich. Wir sind uns absolut einig in der Sache, das hat auch Jürgen Klinsmann nochmals bestätigt. Wir entscheiden in der Frage eines Technischen Direktors, wenn ich mit allen gesprochen habe und wenn ich die Gesamtentwicklung des Trainerstabes betrachtet habe. Wir haben eine Reihe von Trainern, deren Verträge 2006 ablaufen. Dazu brauchen wir ein Gesamtkonzept für die Zeit nach 2006. Wir haben das erneut von der Zeitleiste her definiert und werden die Weichen nach dem Confederations Cup stellen.

kicker: Waren die bisherigen Konzepte schlecht?

Zwanziger: Keinesfalls. Aber man muss sich die Frage stellen dürfen, ob wir uns in dem einen oder anderen Bereich nicht verändern müssen. Ich halte sehr viel von einer Position im Trainerbereich, die unabhängig ist von der Zuordnung einer Mannschaft. Die ein Trainer ausübt mit drei Ausrichtungen: Bundesliga-Leistungszentren, Verbandsgeschehen und Junioren-Nationalmannschaften. Dazu benötigt er hohe Autorität. Insofern stehe ich den Vorstellungen von Jürgen Klinsmann aufgeschlossen gegenüber. Ich maße mir aber nicht an, das alles beurteilen zu können. Ich will das mit den erfahrenen Leuten bei uns, das ist zum Beispiel der für die Traineraus- und -fortbildung zuständige Vizepräsident Hans-Georg Moldenhauer, genau besprechen. Erst entscheiden wir über die Position, dann über die Person.

kicker: Wann fällt die Entscheidung über die Position?

Zwanziger: Diese Planung, das gilt auch für die Neuordnung der Zentralverwaltung, wird der ersten Präsidiumssitzung nach dem Confederations Cup vorgelegt. Das ist mit Jürgen Klinsmann so abgestimmt. Wenn diese Planung einen Technischen Direktor enthält und verabschiedet wird, halte ich es für denkbar, den neuen Mann, mal dahingestellt wie er heißt, zeitnah zu holen, damit er auch in den Planungen für den Trainerstab nach der WM 2006 mitwirken kann.

kicker: Wer wird es?

Zwanziger: Der am besten unser Anforderungsprofil erfüllen kann.

kicker: Nach Klinsmanns Meinung ist das der frühere Bundestrainer Berti Vogts.

Zwanziger: Ich habe nie verhehlt, dass ich Sympathien für Berti Vogts habe. Er ist ein DFB-Mann gewesen. Aber ich halte es durchaus für denkbar, dass es dort auch andere attraktive Lösungen gibt.

kicker: Zum Beispiel?

Zwanziger: Erst entscheiden wir in der Sache, dann über Namen.

kicker: Franz Beckenbauer soll 2007 Nachfolger von Lennart Johansson als UEFA-Präsident werden.

Zwanziger: Seine Chancen sind sehr gut, obwohl Michel Platini seine Kandidatur angemeldet hat. Danach sind wir direkt mit Franz Beckenbauer ins Rennen gegangen. Die europäische Sportpolitik wird immer bedeutender. Ich spüre doch jetzt hier in Deutschland, wie Franz Beckenbauer in der Lage ist, gerade auch in der Politik die wichtigsten Türen zu öffnen. Wichtig ist es doch, einen Mann in der Spitze zu haben, der Anerkennung und Sympathie genießt. Er wird auch Türen in die Europäische Kommission öffnen und sachgerechte Entscheidungen für den Fußball fördern. Nach der WM werden wir für die FIFA sportpolitisch nicht mehr so interessant sein. Umso wichtiger ist es, bei der UEFA an den bedeutenden sportpolitischen Entscheidungen mitzuwirken.

kicker: Ab der neuen Saison dürfen nur noch drei über 23 Jahre alte Spieler in den Amateurteams der Lizenzklubs in den Regionalligen und tieferen Klassen mitwirken.

Zwanziger: Das ist nur ein erstes Ergebnis der auf dem Bundestag in Osnabrück eingesetzten Strukturkommission. Damit kommen wir dem Wettbewerbsfrieden in der Regionalliga etwas näher. Die Bundesligavereine treten jetzt im Grunde mit U-23-Mannschaften an, das entspricht auch der Idee der Talenteförderung. Jetzt muss die Kommission die weiteren Fragen lösen. Wie ist das mit der Frage der Teilnahme der zweiten Mannschaften der Lizenzvereine DFB-Pokal, ist eine Nachwuchsrunde der Lizenzvereine sinnvoll, wie gestaltet sich die künftige Verteilung der Fernsehgelder? Diese Fragen werden bis zum außerordentlichen Bundestag im Herbst 2006 in Magdeburg beantwortet.

kicker: Bis zum außerordentlichen Bundestag am 28. April in Mainz sind noch keine weiteren Entscheidungen zu erwarten?

Zwanziger: Nein.

kicker: Welches Ziel hat dieser wegen des Wett- und Betrugsskandals kurzfristig einberufene Bundestag?

Zwanziger: Dieser Skandal muss abgearbeitet sein, so dass wir unbelastet in die nächste Saison gehen können. Wir müssen grundsätzlich zu einer Entscheidung dahingehend kommen, dass mit dem Abpfiff einer Saison keine Rechtsstreitigkeiten mehr anhängig sind.

Interview: Rainer Franzke, kicker.de

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