Ich hab eine irre Kino Woche hinter mir, daher kommt jetzt etwas längeres.
Fangen wir am Mittwoch an. Lange geplant, nun endlich angeschaut:
Der seltsame Fall des Benjamin Button
Inhalt: Irgendwann kurz nach Ende des 1. Weltkriegs, irgendwo in den USA: Ein Baby wird als alter Mensch geboren. Oder eher gesagt: Mit den Gebrechen, den Hautfalten und den Schwächen die das Alter so mit sich bringt. Das alles aber im Körper eines Babys. Erschrocken von der Eigenartigkeit des Kindes, wird Benjamin vom Vater auf der Treppe eines Altenheims ausgesetzt. Die Haushälterin findet das Kind und zieht es auf - und erlebt das eigenartige Wachstum eines Mannes der alt geboren wird und statt zu altern, nun immer jünger wird.
Beschreibung: Der Trailer hatte mich gespannt gemacht und ich hatte mir fest vorgenommen den Film zu sehen, auch wenn ich kein großer Freund von Brad Pitt bin. Der Film beginnt mit einer alten Frau die zu Zeiten vom Hurrikan Katrina, im Sterben liegt. Sie bittet ihre Tochter die im Krankenhaus bei ihr ist, ihr aus einem Tagebuch vorzulesen, das Tagebuch eines Benjamin Button... Und diese Geschichte beginnt wiederum sehr vielversprechend, die Jugend und das Heranwachsen des Greises wird faszinierend erzählt, fast kommt es einem manchmal wie eine Märchenerzählung (ähnlich wie bei "Big Fish") vor. Wenn der junge, aber doch alte, Kerl unter den ganzen Dementen im Heim lebt, bringt das auch eine gewisse Skurlität rein - und darauf setzt der Film auch ganz bewusst.
So interessant der "jugendliche" Teil des Films ist, so langweilig wird der Teil der das Leben des erwachsenen Benjamin Button beschreibt. Um genauer zu sein, sobald der "echte" Brad Pitt auftaucht. Eine nichtssagende Liebesgeschichte, dazu eine Klischee triefende Familienzusammenführung und das Suchen nach der alten Liebe - alles schon x mal in anderen Filmen gesehen und zwar auf genau die selbe Darstellungsweise. Rühmliche Ausnahme: Wie im Erzähl Stil von "Fabelhafte Welt der Améllie" ein tragischer Unfall erzählt wird - wirklich klasse!
Aber dann ebenso wieder interessant: Der kurze Schluss, der den eigentlich alten aber nun wieder jungen Benjamin zeigt...
Fazit: Ich bin hin- und hergerissen. Zwar wird die Jugend so faszinierend beschrieben und der Erzähl Stil zum Unfall hin hat mich fast zum jubeln gebracht, aber zuviel hat mich dann doch gestört. Was soll die unsinnige und uninteressante Hintergrundstory mit der sterbenden Frau die ihre Tochter das Tagebuch vorlesen lässt? Und warum muss das gerade zur "Katrina" Zeit sein? Wer hat den langweiligen Zwischenteil verbockt, der doch wirklich sogar das "mann-reist-nach-jahren-zur-großen-liebe-und-ist-verwundert-dass-diese-mittlerweile-einen-neuen-hat" Ding aus der Klischeekiste holt?
Aber trotz interessanter Story und teils toller Erzählweise: Der Film wird viel zu sehr künstlich und sinnlos in die Länge gezogen. Und leider ist es auch so dass ich mit Brad Pitt einfach nichts anfangen kann: Ausdrucksloses Schauspiel ohne Höhepunkte, von seiner Seite.
Am Freitag ging es dann weiter, mit
The Wrestler.
Inhalt: Randy "The Ram" Robinson war in den 80ern ein großer Wrestling Star, seinen damaliger Kampf gegen den Ayatollah haben zig tausenden in der Halle und Millionen vor dem Fernseher verfolgt. Aber diese Zeiten sind vorbei, mittlerweile ist Randy ein alter Sack, der nur noch vor kleinem Publikum auftritt und durch Nebenjobs irgendwie versucht über die Runden zu kommen um Anabolika und seine Behausung in einem Trailer Park zu finanzieren. Aus einem Superstar ist ein menschliches Wrack geworden.
Beschreibung: Ich bin ja seit 1 1/2 Jahren wieder bekennender Wrestling Fan, von daher war es für mich sowieso Pflicht diesen Film zu sehen (u.a. weil dort auch "echte" Wrestler wie R-Truth, Claudio Castagnoli oder Necro Butcher zu sehen sind). Da hätte es keine Oscar Nominierungen und Golden Globes sein müssen, aber das hat natürlich meine Erwartungen sehr hoch getrieben. Als erstes muss man gleich sagen: Mickey Rourke zeigt eine unglaubliche Leistung. Für mich nie ein besonders guter Schauspieler, spielt er unfassbar authentisch und man kann (wie die FAZ richtig geschrieben hat) den Blick nicht mehr abwenden. Die Story des Menschen der innerlich völlig kaputt ist, aber irgendwie in sich drin noch in seiner alten Glanzwelt lebt wird konsequent erzählt, jede Szene trägt dazu bei. Wenn dann das Klischee der Tochter die der Vater Jahre nicht beachtet hat dazu kommt, will man schon die Augen verdrehen, aber "The Wrestler" erzählt auch diese Geschichte sehr wirklichkeitsnah und macht diese wieder zu einem Puzzle um den Menschen hinter The Ram, zu verstehen.
Bezeichnend eine Szene als Randy in einem Supermarkt arbeitet und er vom Chef ein Namensschild mit seinem wirklichen Namen bekommt, wie er eben in den Unterlagen steht. "The Ram" ist völlig perplex, verwirrt und verwundert, er heiße doch Randy und er möchte auch Randy auf dem Schild stehen haben. Diese Szene ergreift, denn Mickey Rourke spielt diese so intensiv dass man wirklich erkennt dass das nicht etwa wegen des klangvollen Namens ist, sondern weil es für den Menschen in diesem Film nur diesen "Randy The Ram Robinson" gibt...
Fazit: Ich hatte mir ehrlich gesagt etwas mehr Emotion erwartet, so wie der Film angekündigt wurde. Emotion = Schnulzige Musik unter Szenen wie z.B. Gesprächen mit der Tochter oder ähnlichem. Diese fehlt, aber das macht den Film aus. Er erzählt die Geschichte eines Menschens, mehr nicht. Aber das wahnsinnig intensiv, es gibt keine einzige Szene die man weglassen könnte, die nicht irgendwie das Gesamtbild dieses Menschen fertigt (man vergleiche dazu die Kritik zu Benjamin Button).
Man muss diesen Film ganz bewusst und aufmerksam anschauen, dann erkennt man darin ein wahres Meisterwerk. Ich habe fest vor mir den Film nochmal anzusehen. (aber dann vielleicht im US Original, weil die Synchro Stimme von Rourke leider nicht gut getroffen ist).
Weiter gehts... Samstag Abend stand die Entscheidung zwischen The International und 96 Hours an. Ich entschied mich für
The International.
Inhalt: Über diesen hat Franco ja bereits ausführlich berichtet, wer sich dafür interessiert bitte ein Beitrag weiter oben nachlesen.
Beschreibung: Auch wenn Franco das Ende schon verraten hat (
), schafft der Film fast schon von Beginn an etwas, was mir persönlich in letzter Zeit viel zu wenige Filme schaffen: Einen starken Spannungsbogen aufzubauen. Dieser zieht sich bis zum Schluss, einer auch optisch tollen Szene über den Dächern von Istanbul. Der Film schafft es ebenfalls die große Komplexität der Story so zu verpacken dass man schnell mit einsteigt, allerdings wäre es schön gewesen wenn diese noch mehr beleuchtet worden wäre, gerade die Machenschaften des Vorstandes der Bank. Dieser wird zwar andauernd gezeigt und sogar in familiärem Gefilde gezeigt, bleibt mir aber doch etwas zu blass und ohne Hintergrund.
Keine Diskussion gibt es über die Szene im Guggenheim Museum: Klasse, ganz großes Kino. Kein Wunder dass ein Nachbau nötig war, so wie das nach der actionreichen Szene dort aussah!
Fazit: Was will man mehr von einem Actionfilm? Eine aktuelle, interessante Story mit einem ungewöhnlichen Ende, ein außerordentlicher Spannungsbogen und starker Action in interessantem Umfeld? Eigentlich perfekt...
Wieso hat der Film aber in meiner persönlichen Wertung trotzdem "nur" eine 1,5 bekommen? Zum einen hätte ich die Komplexität des Hintergrunds gerne mehr beleuchtet gehabt, vieles wird mir zu kurz angeschnitten ohne ausführlich beleuchtet zu werden (Italienische Waffenhändler, Bank Vorstand, Hintergrund von Sallinger). Und zum anderen ist Clive Owen zwar ein guter Schauspieler den ich mag und der mir in Children of Men und dem grandiosen Shoot'Em Up gut gefallen hat, aber langsam aber sicher habe ich den Eindruck: Dieser Mann hat nur einen, grimmigen, Gesichtsausdruck... Trotzdem: Ein SEHR empfehlenswerter, spannender Film.
Und der Samstag war ja noch jung als wir um 22.50 Uhr aus "The International" kamen. Denn 23.00 Uhr lief ja
96 Hours, warum also nicht ein Kino Doppelpack mitnehmen? Gesagt, getan.
Inhalt: Liam Neeson spielt einen ehemaligen Geheimagenten, der gemerkt hat dass er nie für seine Tochter da war. Daher gibt er seinen Job auf, um in die Nähe von ihr (und seiner Ex die mit neuem, stinkreichen Partner, mit der Tochter zusammen wohnt) zu ziehen und so Zeit mit ihr verbringen zu können. Die gerade 17 gewordenen Tochter plant einen Trip nach Paris, da sie minderjährig ist muss auch der leibliche Vater zustimmen - durch seinen Job besorgt und gezeichnet, ist er erst skeptisch, gibt aber sein Einverständniss. Die Tochter fällt in Paris aber in die Hände von Kriminellen die Frauenhandel betreiben, was der Vater live am Telefon mitbekommt - er macht sich auf nach Paris um die Tochter zu befreien.
Beschreibung: Die meisten Frauen können im Prinzip aufhören hier zu lesen. Denn dieser Film ist einer dieser berüchtigten "Männer Filme". Die Story hört sich nach 1000 mal gesehen an, Kind wird entführt, Vater wird zur Kampfsau und befreit diese. Ok. Was macht diesen Film dann aber so besonders? Es ist ein ungewöhnlicher Mix aus einem sehr dominanten, starken Hauptdarsteller, unglaublicher direkter und schnörkelloser Gewalt und einer bewusst einegesetzten Prise Trash Faktor, die aber trotzdem nie das ernste Gewand des Films beschmutzt. Dass hinter sowas Luc Besson steckt, verwundert nicht.
Der Film nimmt sobald Neeson in Paris ankommt, sowas von an Fahrt auf, das man kaum hinterherkommt. Die Kämpfe mit den Gangstern haben so viele "Wahnsinn" Effekte und auch Schocker dabei, dass man wohl den Film auch nach einer 24 Stunden Schicht noch hellwach anschauen würde.
Fazit: Ein wirklich irrer Film, bei dem man als Kerl (zumindest wenn man mit anderen männlichen Wesen im Kino ist) einen wahnsinnigen Spaß hat. Bei uns war es auch so dass das ganze Kino richtig mitgegangen ist, so dass man selbst auch mal laut werden konnte bei harten, ungewöhnlichen und skurilen Szenen (Stichwort Strom oder Bullauge). Was den Film so spannend macht ist dieser Mix aus knallharter Action, Brutalität, Ernsthaftigkeit, Trash Faktor und einem so seriösen Schauspieler wie Liam Neeson - das passt einfach wunderbar und es bringt was ganz neues was man irgendwie doch so noch nicht gesehen hat. Absolute Empfehlung für alle Männer im Forum.
Alles in allem wurde ich an den 3 Abenden wunderbar unterhalten und alle Filme haben es geschafft mich nach dem Ende zu langer Diskussion mit meinen jeweiligen Begleitern anzuregen. Ich fasse nochmal kurz zusammen:
Der seltsame Fall des Benjamin Button erzählt eine interessante Story, schwankt aber sehr zwischen wunderbarer Erzählweise und unnötigem Füllmaterial. Empfehlung an Paare und Gelegenheitskinogänger.
The Wrestler ist ein hochinteressantes Porträt eines kaputten Menschen, mit einer herausragenden Schauspielerleistung (die ganz klar den Oscar verdient gehabt hätte). Empfehlung an anspruchsvolles Publikum und jedem der sich vom Kino ergreifen lassen kann.
The International ist ein spannender Action-Thriller mit erstaunlich interessanter Story, die ein einfarbiger Hauptdarsteller gut rüberbringt. Empfehlung für jegliche Zuschauergruppen.
96 Hours ist ein Action Feuerwerk mit hoch interessantem Mix an Stilmitteln. Empfehlung an alle Action Fans und eigentlich alle männlichen Kino Besucher.