von noblesseoblige » Sonntag, 23.Mär 2014 - 9:23
Eine einheitliche Philosophie gibt es im Fußball allgemein und in der Dritten Liga im besonderen sicherlich nicht. Jeder Verein hat seine Entwicklung, seine Historie, seine Fans, sein Image im bundesweiten Vergleich und seine individuelle Stellung in der Region.
Unseren Blauen bin ich nun seit 47 Jahren verbunden. Wir haben im Ländle immer ein Mauerblümchendasein gefristet. In dieser Nische zwischen großen Nachbarn haben wir seit jeher mehr oder weniger gut überlebt. Diese Nähe und Identifikation mit einem Underdog haben mich immer bei der Stange gehalten.
Ganz schlimm finde ich die zunehmende Kommerzialisierung im Profifußball, wie sie sich insbesondere in der 1. Liga zeigt. Der Zuschauer ist dort nur noch Konsument und Kunde, die Spieler sind distanzierte Stars und die Mitglieder „Stimmvieh“. Natürlich bin ich insoweit Realist, als dass ein Überleben im Profisport ohne Sponsoren und Mäzene schlechterdings nicht mehr möglich ist. Allerdings sollte es stets eine gewisse Balance und Wertschätzung zwischen Verein, Mitgliedern und Werbepartnern geben.
Dieses Gleichgewicht sehe ich z. B. bei RB Leipzig von Anbeginn nicht als gegeben an. Sie haben derzeit nur acht Mitglieder, ein Mitgliedsantrag kann ohne Angaben von Gründen abgelehnt werden und ist zudem mit einer Aufnahmegebühr verbunden. Die jährliche Mitgliedschaft ist mit 800 € unverschämt hoch und soll wohl auch eher als Abschreckung verstanden werden. Eine Mitbestimmung und Wertschätzung eines Mitglieds sieht wohl irgendwie anders aus.
Bei den Blauen ist es eher wie in einer großen Familie. Spieler und Offizielle sind zum „Anfassen“, stehen Rede und Antwort, wirken geerdet. Fanstammtische und Mitgliederversammlungen werden noch gelebt.
Was den Sport allgemein und den Fußball sowie die Vereine insgesamt verbindet, ist seine soziale und – kaum zu glauben – friedensstiftende Funktion. Brot und Spiele (panem et circenses) haben schon seit der Antike eine Ventilfunktion. Der Sport initiiert zwar Emotionen, verhindert aber gleichzeitig größere Konfrontationen und Auseinandersetzungen. Der englische Philosoph, Mathematiker und Pazifist hat es wie folgt auf den Punkt gebracht: „Die Instinkte, die früher unsere wilden Vorfahren zur Jagd und zum Fischfang trieben, verlangen nach einem Betätigungsfeld; wenn sie nichts anderes finden können, verwandeln sie sich in Hass und Bösartigkeit. Aber gerade für diese Instinkte gibt es Betätigungsfelder, die frei vom Bösen sind. An die Stelle von Vernichtungskampf kann Wettbewerb und aktiver Sport treten.“
"Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher". (Albert Einstein).